Zusammen mit Methoden der Komplementärmedizin wie Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin und Anthroposophische Medizin wird seit Jahresbeginn auch die Phytotherapie provisorisch wieder aus der Grundversicherung vergütet. Was ändert sich dadurch für Patientinnen und Patienten?
Eine überraschende Antwort gibt dazu Martin Koradi, Dozent am Seminar für Integrative Phytotherapie: „Durch diese Änderung wird keine Patientin auch nur einen Franken sparen. Bisher lief es so: Der Arzt oder die Ärztin macht eine normale medizinische Diagnostik und rechnet diese auch so ab. Am Schluss wird beispielsweise entschieden, statt einem synthetischen Schlafmittel ein pflanzliches zu verordnen. Ist die Wirksamkeit dieses Pflanzenpräparates belegt, zahlt es die Grundversicherung. Das war bisher so und daran wird sich im neuen Jahr nichts ändern.“
Martin Koradi findet, dass im Vorfeld der Abstimmung vom Mai 2009 über den Verfassungsartikel zur Förderung der Komplementärmedizin von den Befürwortern irreführende Versprechungen gemacht wurden. Das räche sich bei der konkreten Umsetzung und führe zwangsläufig zu Enttäuschungen.
Irreführend sei auch, dass die Phytotherapie in dieser politischen Diskussion zur Komplementärmedizin gerechnet werde. „Phytotherapie gehört zur Naturheilkunde und diese ist ein randständiger Bereich der Medizin. Fachlich gesehen gibt es kein plausibles Argument, Phytotherapie zur Komplementärmedizin zu zählen. Wenn die Politik dies trotzdem so handhabt, dann geht es dabei um Lobbying, um Einflussnahme, nicht aber um das Wohl der Patientinnen und Patienten.“
Provisorisch wieder in der Grundversicherung – was heisst das?
Phytotherapie konnte schon bisher über die Grundversicherung abgerechnet werden: Ein Arzt macht eine normale medizinische Diagnostik und rechnet diese so ab (Phytotherapie hat keine eigenständige Diagnostik!). Dann wird ein pflanzliches Heilmittel (Phytopharmaka) verschrieben. Phytopharmaka sind auf der Grundversicherungsliste, wenn sie ihre Wirksamkeit belegen konnten, also zahlt die Grundversicherung.
Daran ändert sich am 1. 1. 2012 nichts. Es ist nicht ersichtlich, welche Leistung neu unter dem Punkt „Phytotherapie“ abgerechnet werden soll.
Phytotherapie gehört nicht zur Komplementärmedizin
Phytotherapie orientiert sich an Wirkstoffen und wissenschaftlicher Methodik. Unter anderem über das Apothekerstudium ist Phytotherapie schon längst in die Universitäten integriert. Historisch gesehen kann Phytotherapie aber zur Naturheilkunde gezählt werden, die wiederum ein randständiger Bereich der wissenschaftlichen Medizin ist.
Ist die Wirksamkeit der Phytotherapie wissenschaftlich belegt?
Das Krankenversicherungsgesetz fordert „Wirksamkeit“ als Voraussetzung für eine Übernahme durch die Grundversicherung. Parlament und Lobbyorganisationen diskutieren über den Wirksamkeitsbeweis des Verfahrens „Phytotherapie“ an sich. Das ist vollkommener Unsinn: Die Wirksamkeit lässt sich nur belegen für einzelne Heilpflanzen-Präparate (und für andere nicht). Genauso unsinnig ist es, die Wirksamkeit der Anthroposophischen Medizin oder der Homöopathie als Ganzem belegen zu wollen. Die einzelnen Präparate der Anthroposophischen Medizin und der Homöopathie sind allerdings vom Wirksamkeitsnachweis befreit und werden trotzdem (auch schon bisher) von der Grundversicherung vergütet.
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